Kolumnen

Suchtfaktor „Good Wife” – 10.12.2016

Ich bin erledigt. Über 150 Folgen lang habe ich meine Nächte mit Alicia Florrick verbracht. Und jetzt ist die Paragraphenreiterin mit ihren strengen Kostümchen und dem Ich-sehe-zwar-aus-wie-Jacky-K-in-mir-schlummert-aber-ein-Vulkan-Blick in das Serien-Nirwana gedriftet – ohne polterndes Finale, ohne Sonnenuntergänge und nicht an der Hand ihres bindungsparanoiden Cowboys, der sie zehn Folgen lang, bitte um Vergebung, ins Leben zurückgevögelt hat.  Ich war „The Good Wife“-süchtig und habe mein soziales Leben nahezu lahm gelegt.  „The Good Wife“ ist nämlich eine Hardcore-Volkshochschule in Feminismus. „Ich werde nicht Kekse backen wie Hillary“, brüllte Alicia dem Kampagnen-Manager ihres Mannes zu, als der sie dazu vergattern will, in einer Kochshow aufzutreten, um die Martha-Stewart-affinen Wählerinnen einzutüten. Statt dessen säuft sie im Dauermodus viel Rotwein zu kalter Pizza, macht als Strafverteidigerin die Staatsanwälte reif für die Klapse, lässt ihren promisken Ehemann trotz seiner Haartönungen sehr alt aussehen  und entwickelt bei ihrem Weg nach oben eine machiavellische Kälte, die einem das Blut gefrieren lässt. „If you wanna say bitch, say bitch“ erklärt sie ihren  oftmals perplexen Kanzlei-Kollegen, die dachten, sie hätten Bambi eingekauft, aber eine Hyäne bekommen haben. Die Moral nach diesem  TV-Marathon: Wenn du bei den Jungs auf Augenhöhe mitspielen willst, musst du dich mindestens genau so schlecht benehmen wie die. Und eine Teflonschicht entwickeln, wie wir im Kino gerade an Florence  Foster Jenkins (hinreißend von Meryl Streep) sehen können, die als die untalentierteste Opernsängerin der Welt galt, aber ein Millionenpublikum besaß. Auf ihren Grabstein ließ sie sich den Satz meißeln: „Die Leute behaupteten, dass ich nicht singen kann. Aber niemand kann sagen, dass ich nicht gesungen habe.“