Wenn Männer zu ihren Gefühlen stehen.
Du bist mein alles, mein Universum, meine Droge, der Süden meines Seins, der Engel meines Wollens …“
K räusperte sich und wollte dann Fortfahren mit ihrem Poesie-Durchfall, der eben per SMS eingetrudelt war. Ich war der Ansicht, dass sie auf Lob wartete für diesen neuen Mann in ihrem Leben, der seinen Gefühlen endlich hemmungsbefreiten Ausdruck verleihen konnte. Ich sagte: „Na praktschak! Die Männer in meinem Leben hätten eher einen Zungen-Vorfall vorgetäuscht, ehe sie mich in solchem Verbal-Schlagobers getränkt hätten. Ich gratuliere!“ Doch K befand sich gar nicht im Enthusiasmus-Modus: „Sehr schön, wenn sowas alle drei Tage kommt, ganz nett, wenn man einmal täglich befeuert wird, aber im Zweistundentakt wird es dann schon gespenstisch.“ – „Chillax. Nach der Dreimonatsphase kriegen die Hormone sowieso ein Burn-out.“ – „Bei dem nicht. Es sind jetzt 98 Tage. Und von denen will er am liebsten jeden Tag den ganzen Tag mit mir verbringen. Und wenn ich arbeite, ruft er mich Minimum vier Mal an – er wäre gerade so wahnsinnig zufällig in der Gegend, ob er nicht rasch auf einen kleinen Kuss rauf kommen könnte. Und eigentlich könnte ich ja auch auf meine Freunde verzichten, das wär doch nur alles ein Störfaktor für unser unfassbares Glück.“ Meine Schnelldiagnose: Bilderbuch-Borderliner. Ich kannte solche Dramaturgien nämlich von einer anderen Freundin. Deren Typ hatte sich wie eine Saugglocke über ihr Leben gestülpt. Als sie sich zu wehren begann, drehte er durch. Und musste am Ende mit einer Polizeieskorte und einer Krisenpsychologin abgeführt werden. Ich zeigte auf meine Couch: „Baby, mein zweiter Vorname ist Zeugenschutzprogramm, du kannst hier Asyl nehmen.“ Sie nickte erleichtert und seufzte: „Gibt es eigentlich zwischen den Ich-meld-mich-vielleicht-nächste-Woche-Typen und solchen Klammerfreaks irgendeine Kompromisslösung im Angebot?“